Grossartiges Konzert von St. Vincent in Basel, aber nicht fürs Mainstream-Konzert-Publikum
Nach dem Auftritt von Gary Clark Jr. am Donnerstag, 24.10.2024, in der Eventhalle der Messe Basel war die Reihe an der amerikanischen Künstlerin im Bereich Alternative Rock/Art Pop, St. Vincent (Annie Clark), mit Ihrer Band. Kurz nach 22:00 Uhr war es soweit und die Bühne der ausverkauften Baloise Session gehörte Ihr. Das Abend-Motto «Burning Guitars» passte zu Beginn der Show noch nicht. Die Gitarre kam erst später zum Zuge.
Aufgrund der speziellen Regeln standen die Fans bereits zu Beginn des Auftritts vor der Bühne. Einzig ein Band im Abstand von einem halben Meter trennte die Bühne und die Fans. Mit «Reckless» startete Sie und interagierte gleich mit dem Publikum, pickte immer mal einzelne Konzertbesucher heraus, die sich mehr oder weniger angesprochen fühlten. Mit «Fear the Future» und «Los Ageless» (provokativer Text über Schönheitsoperationen) folgten gleich zwei weitere Stücke, nach denen klar war, dass dieser Auftritt sehr experimentell für das typische Baloise Session-Publikum sein musste. Mit dem abstrakt aufgebauten «Marrow» ging es so weiter. Trotz dem cineastisch anmutendem und zugänglicherem «Violent Times», hätte auch auf einem James Bond-Soundtrack sein können, verliessen die ersten Besucher die Halle. Im Gegenzug fühlten sich andere Musikliebhaber angesprochen Ihre Sitzplätze mit Stehplätzen vor der Bühne zu wechseln. Ja, Geschmack ist bekanntlich unterschiedlich. Mit dem theatralischen Lied «Dilettante» legte Annie Clark noch eine Schippe drauf. Gestützt durch Ihr Outfit (schwarze Hot Pants und weisse Bluse), Ihren lasziven Bewegungen am Mikrophonständer, passender Stimmlage und Wasser schmeissen ins Publikum kam Sie wie eine «Femme Fatale» rüber. Dies bewog ein paar weibliche Besucher Ihre Männer in eine Unterhaltung zu verwickeln oder sonst Ihre Aufmerksamkeit wieder zu gewinnen. Das war so lustig anzusehen und zu interpretieren was da gerade abläuft. Es kam wie es kommen musste, weitere Personen verliessen den Saal. Da konnten tolle Songs wie «Digital Witness», «Flea» (tolle Back-Vocals mit Gitarrist Falkner und Keyboarderin Eckroth), «Cheerleader» (tolles Gitarrenspiel von St. Vincent bis auf den Bühnenboden rocken) oder das grandiose «Broken Man» (EHC Basel-Sportchef und bekanntlich Rock-Fan, Kevin Schläpfer, applaudierte kräftig mit) bei diesen Personen nicht entgegenwirken. Seis drum, die Fans hatten mehr Platz. Mit «Hell Is Near» kam danach eines meiner Highlights. Spot auf die Hauptdarstellerin, höllische Gestiken (Baphomet lässt grüssen) und eine Ballade als Gegensatz. Der Song hat soviel Tiefe und Gefühl, dass man nur noch gebannt Richtung Bühne sah, entsprechend war der Applaus und einzelne Fans standen auf. Leider war es selbst bei diesem ruhigen Lied immer noch an einem Tisch sehr unruhig mit unnötigem Geschwätz und Lacher. Ja, eine Dame sass gar mit dem Rücken zur Bühne. Ein solches Verhalten ist eine Respektlosigkeit gegenüber allen anderen Konzertbesuchern, den Künstlern und vor allem dem Veranstalter gegenüber! Ich habe mich dazu bereits im Detail auf meiner facebook-Seite ausgelassen. Zum Glück wurde durch das Mitklatschen der wahren Musikliebhaber bei «New York», «Sugarboy» und dem Abschluss in Form von «All Born Screaming» dies ein wenig übertönt.
Ein Kompliment an die Baloise Session zur Wahl dieser Künstlerin! Wenn man sich auf St. Vincent einliess war dieser Auftritt nicht nur ein Konzert, sondern ein Happening. Ich sah Sie das erste Mal und war stellenweise begeistert, weil es jederzeit eine überraschende Wendung geben konnte, sei es in Gestik, andere Version von einem Lied oder wie reagiert das Publikum. Das Abend-Motto «Burning Guitars» passte ab und an, aber wer auf Punk und Rock im Allgemeinen steht, kam voll auf seine Kosten.
Mitglieder:
St. Vincent (Annie Clark, Vox, Git), Jason Falkner (Git), Charlotte Kemp Muhl (Keys), Mark Guiliana (Drums), Rachel Eckroth (Keys)
Setliste:
Reckless, Fear the Future, Los Ageless, Big Time Nothing, Marrow, Violent Times, Dilettante, Pay Your Way in Pain, Digital Witness, Flea, Cheerleader, Broken Man, Hell Is Near, Candy Darling, New York, Sugarboy, All Born Screaming
Zeiten: 22:07 bis 23:32 Uhr
Veranstalter: Baloise Session
Photos/Text: Daniel Strub
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